LANDKREIS HASSBERGE
Gewitter, Sturm und Regen richten hohe Schäden an

An der Paßmühle werden Autos und landwirtschaftliche Geräte weggespült. Viele Anwesen stehen unter Wasser. Einsatzkräfte kämpfen gegen die Wassermassen – und sind mancherorts machtlos.
 
Unwetter Paßmühle Ein Unwetter ist am Pfingstsonntag über die Haßberge hinweg gezogen und hat vielerorts massive  Schäden verursacht. Personen wurden nach Erkenntnissen der Polizei nicht verletzt. Am schlimmsten traf es ein landwirtschaftliches Anwesen an der Paßmühle nahe Breitbrunn. Dort rauschte ein bis zu 1,5 Meter hoher Sturzbach durch ein Gehöft und beschädigte Autos und landwirtschaftliche Geräte. Die Kreisstraße muss vermutlich eine Woche lang gesperrt bleiben. Örtlich fielen bis zu 40 Liter Regen pro Quadratmeter, Sturmböen bliesen mit 90 km/h.

„Wo soll das denn enden?“ – Kreisbrandinspektor Peter Pfaff aus Zeil steht mit seinen Kollegen der Feuerwehr am Sonntagabend fassungslos auf der mit Geröll und Wasser überfluteten Kreisstraße zwischen Neubrunn und Breitbrunn. Gegen die Wucht dieser Wassermassen haben die Einsatzkräfte keine Chance. Sie können nur zusehen und die Straße absichern.
Es ist kurz nach 18.00 Uhr, als über die Paßmühle die Naturkatastrophe hereinbricht. Wie aus dem Nichts entsteht bei den heftigen Niederschlägen von örtlich bis zu 40 Litern pro Quadratmeter ein Sturzbach, der einen Hang ins Ebelsbachtal hinunter rauscht. Alles, was ihm in den Weg kommt, wird mitgerissen. „Hier sieht es aus wie nach einem Bombenangriff“, beschreibt ein Polizeibeamter an Ort und Stelle seine Eindrücke. Sogar ein Teil des geteerten Waldweges ist weggerissen.
Bis zu 1,5 Meter hoch soll der Sturzbach nach Angaben von Zeugen gewesen sein, der sich ins Tal ergoss und dabei auch zentnerschwere Geröllbrocken mitspülte. An dem landwirtschaftlichen Anwesen wurden fünf Autos aus dem Hof mehrere Meter ins Tal hinunter gespült; eines von ihnen landete zwischen Heuballen in einer Wiese. Die anderen vier wurden aufeinander geschoben. Auch eine tonnenschwere Ballenpresse wurde den Hang hinuntergespült und prallte auf die Autos. Das aus mehreren Gebäuden bestehende Anwesen selbst stand unter Wasser. Ein Wohngebäude war vollständig von den Fluten umgeben, die einzige zum Haus führende Brücke stand einen Meter tief unter Wasser.  Insgesamt geht die Polizei alleine rund um die Paßmühle von einem Schaden von mehr als 150 000 Euro aus.
„Schlamm, Steinbrocken und Geröll wurden auf die Kreisstraße gespült, die jetzt bis zum kommenden Wochenende komplett gesperrt werden muss“, bilanzierte Polizeipressesprecher Karl-Heinz Schmitt am späten Sonntagabend. Zahlreiche Feuerwehren, der Kreisbauhof Ebern und die Eberner Polizei waren stundenlang im Einsatz. Die Aufräumarbeiten werden noch lange Zeit in Anspruch nehmen.
Auch an anderer Stelle auf der Kreisstraße zwischen Neubrunn und Gleisenau kam es zu Erdrutschen. Boden und Geröll blockierten die Fahrbahn. Dort gelang es der Feuerwehr mithilfe von örtlichen Landwirten, die Straße nach kurzer Zeit wieder passierbar zu machen. Mit Frontladern wurden Schlamm und Steine zur Seite geschoben. Zwischen Ebelsbach und Breitbrunn kam ein Auto aufgrund des Wassers von der Straße ab. Der Unfall verlief aber glimpflich, verletzt wurde niemand.
Stark betroffen waren auch die Ortschaften Breitbrunn, Schönbrunn und Neubrunn. Während in Breitbrunn Keller voll liefen, ergossen sich Geröll und Erde über die Ortsdurchfahrt und zerstörten einige Gärten von Wohnanwesen. Verzweifelt versuchten die Bewohner, die Wassermassen mit Holzbohlen umzulenken. Die Feuerwehr Neubrunn, die zur Hilfeleistung alarmiert worden war, konnte nur bedingt helfen. Auch das Feuerwehrhaus stand unter Wasser. Mit Schaufeln und Besen schritten die Neubrunner zur Tat, beseitigten den Unrat und säuberten die Straßen. „Was will man anderes machen, da muss man zusammenhalten“, sagte ein älterer Herr, der eifrig Geröll von einer Seitenstraße schaufelte. In Schönbrunn konnte der Kulmbach die Wassermassen nicht mehr fassen, die Fluten drangen in mehrere Grundstücke und Gebäude ein, in einem Keller stand das Wasser 40 Zentimeter hoch, berichtete Feuerwehrkommandant Dietmar Schmidt. Die Kreisstraße HAS 22 wurde auf einer Länge von 100 Meter mit einer zehn Zentimeter dicken Bodenschicht bedeckt, weswegen Schmidts Einsatzkräfte drei Stunden lang mit Aufräumarbeiten beschäftigt waren, unterstützt von den Rudendorfer Feuerwehrkameraden und Landwirten mit Frontladern.
Zeitweise ging auf der Straße zwischen Ebern und Haßfurt in Höhe von Altershausen nichts mehr. In einer Senke lief bis zu 40 Zentimeter hoch das Wasser über die Straße, so dass ein Passieren nicht möglich war. Ein paar Meter weiter im Dorf herrschte Chaos: Die Ortsdurchfahrt wurde fast auf gesamter Länge von Schlamm überspült. Bis zu zehn Zentimeter hoch sei die Straße mit Boden verunreinigt gewesen, der von Äckern ins Tal geschwemmt wurde, berichteten Anwohner. Das THW aus Haßfurt lieferte Sandsäcke an. Zeitweise drohte das aus dem Wald kommende Wasser eine Gemeinschaftsheizanlage zu überfluten.
Im Zeiler Stadtteil Krum spitzte sich die Lage gegen 19.00 Uhr zu. Die Wassermassen ließen den Krumbach auf eine Höhe anschwellen, wie sie die Bewohner noch nicht gesehen hatten. „So hoch war der noch nie“, berichtete ein Bewohner. Das Wasser überstieg ehemalige Hochwassermarkierungen bei Weitem. Gärten liefen voll und die Straße „Vorstadt“ wurde überschwemmt. Das Wasser drohte in zahlreiche Häuser zu laufen. Mit Sandsäcken, die eilig vom THW aus Haßfurt herbeigebracht wurden, konnte das Schlimmste verhindert werden. Dennoch liefen etliche Garagen, Höfe und Wohnanwesen voll. An der Brücke in der Ortsmitte staute sich allerhand Treibgut bis zur Oberkante. Vor Ort sah sich auch Bürgermeister Thomas Stadelmann um.
Aus zahlreichen anderen Dörfern wurden überflutete Straßen und Keller gemeldet, beispielsweise aus Stettfeld, Jesserndorf, Fischbach, Rudendorf, Geroldswind, Leuzendorf, Pettstadt, Dörflis, Voccawind, Marbach, Kleinmünster, Ditterswind, Pfarrweisach, Kleinsteinach und Humprechtshausen. Kreisbrandrat Ralf Dressel war zwischen den Einsatzstellen unterwegs und machte sich vielerorts ein Bild von der Lage.
Zwischen Römershofen und Hofheim wurde die Straße komplett überflutet, der Verkehr musste umgeleitet werden. In Staffelbach lief der See über die Ufer, in Treinfeld wurde der Bahnübergang überflutet. In Uchenhofen füllte sich eine Güllegrube mit Wasser, die Gülle lief über die Straße in einen Bach. Mithilfe der Feuerwehr und Güllefässern von Landwirten wurde die Güllegrube abgepumpt, so dass keine weitere Umweltverunreinigung mehr möglich war.  Von dem Unwetter, das ab circa 16.45 Uhr seinen Anfang in den Haßbergen nahm, wurden auch zahlreiche Besucher des Gartenfestes auf Schloss Eyrichshof überrascht. Bei Einbruch des Gewitters und Starkregens strömten die Menschen zu ihren Autos. Die Wiesen, die als Parkplatz genutzt wurden, waren aufgeweicht. Für manche Autos gab es kein Weiter mehr, sie mussten stehen bleiben; so stand in der Allee bei der Specke ein Pkw mitten im Wasser. Wegen ins Tal schießender Wassermassen musste die Kurzewinder Straße in Eyrichshof zeitweise gesperrt werden. Vom Wald herab ergossen sich die Wassermassen, die die Gullys nicht mehr fassen konnten. Gerade noch rechtzeitig gelang es der Feuerwehr, mit Sandsäcken eine Barriere zu bauen, um Wohnanwesen im Baugebiet „Sonnenleite“ vor Wasser und Geröll zu schützen.
Am späten Sonntagabend gab es für die Feuerwehren in Ebelsbach und das THW nochmals Alarm. Das Wasser hatte sich seinen Weg durch das Ebelsbachtal gebahnt und drohte nun Teile der Gemeinde zu überfluten. Nahe des Sportplatzes musste der „Schwarzer Weg“ gesperrt werden, weil die Fluten meterhoch den Ebelsbach hinunter rauschten und über die Ufer getreten waren. Auf der Südseite errichteten Feuerwehr und THW Spundwände, um ein Überschwappen ins Dorf zu verhindern. Gefährdete Häuser in der „Schützenstraße“ und im „Rosengässchen“ wurden durch Sandsack-Barrieren geschützt. Insgesamt hatte das THW Haßfurt für mehrere Einsatzstellen mehr als 1600 Sandsäcke gefüllt und bereit gestellt.
Hochbetrieb herrschte stundenlang auch in der Integrierten Leitstelle (ILS) Schweinfurt, die für die Alarmierung und Koordinierung von Rettungsdienst- und Feuerwehreinsätzen zuständig ist. Die ILS hatte von Beginn des Unwetters an bis Mitternacht 101 Unwetter-Einsätze im Haßbergkreis abzuarbeiten, wie Schicht- und Lagedienstführer Oliver Kelly auf Anfrage mitteilte. Einsatzschwerpunkte seien die Ortschaften Ebelsbach, Eltmann, Neubrunn, Limbach und Prappach gewesen. Zur Bewältigung der zahlreichen Notrufe und Abarbeitung der Einsätze war die ILS mit 15 Mitarbeitern besetzt.